Warum überhaupt ein Gimbal?
Moderne Kameras und Smartphones machen immer bessere Foto- und Videoaufnahmen. Und Dank der im Objektiv oder im Kamera-Body integrierten Bildstabilisatoren werden Vibrationen, Verwackler und kleinere Stöße schon sehr gut eliminiert.
Wenn Du aber ein Video mit Deiner DSLR- bzw. DSLM-Kamera oder Deinem Handy aufnimmst und Dich dabei bewegst, hast Du bestimmt auch schon die Erfahrung gemacht, dass sich Deine Eigenbewegungen auf die Aufnahme stark auswirken können. Manche mehr, manche weniger. Mithilfe eines Handheld-Gimbals werden ungewollte Bewegungen, die beim Gehen oder bei Schwenks schnell zu Verwacklungen und unschönen Bildeffekten führen, fast vollständig kompensiert.
Bei meinem ersten Gimbal, dem DJI Osmo Mobile* (erste Version), den ich bereits im November 2016 gekauft habe, sorgte schon damals die ausgereifte 3-Achsen-Gimbal-Technologie von DJI, die auch bei deren Drohnen zum Einsatz kommt, für eine Kompensation ungewollter Bewegungen und Stöße.
Was ist neu an diesen beiden Gimbals?
Neu, ist vor allem das Gewicht.
Kamerahersteller, wie beispielsweise Sony mit ihrer spiegellosen Alpha 6000 Serie, bauen mittlerweile sehr leistungsstarke aber dennoch kleine und leichte Kameras. Das gilt auch für deren Objektive und die von Drittherstellern. So ist das Tamron 17-28 mm F/2.8 Di III RXD*, welches ich häufig für’s Filmen verwende, mit seiner kompakten Bauweise von nur 99 mm Länge und einem Gewicht von 420g vergleichsweise leicht. Zusammen mit der Sony A6400* (ca. 820g) kommt man also gerade mal auf 1.240g.
Die Sony Alpha 7 R3 (DSLM) wiegt mit dem Sony Vario-Tessar® T* FE 24–70 mm F4 Objektiv knapp 1.200 Gramm (inkl. Sonnenblende und Handschlaufe).
Selbst eine Canon 80D (DSLR) mit Canon EF-S 17-55 mm 1:2,8 IS USM Objektiv, Handschlaufe und Rode VideoMic kommt nur auf etwas mehr als 1.600 Gramm.
Wenn Kameras und Objektive aber immer leichter werden, warum muss ich mich dann einen Gimbal „abschleppen“, der (a) eine hohe Zuladung zulässt und der (b) selbst ein hohes Gewicht auf die Waage bringt? Wer schon einmal länger als eine halbe Stunde mit einem Gimbal gefilmt hat, wird es wissen: Jede 100g mehr spürt man nach einer Weile deutlich in den Armen.
Mit einem Eigengewicht von +/i 1 kg und einer maximalen Traglast von ebenfalls ca. 2 kg sind die beiden von mir getesteten Gimbals eher leicht, lassen aber dennoch genügend Zuladung zu, sodass moderne DSLM-Kameras mit entsprechenden Objektiven ohne Probleme zum Einsatz kommen können.
Ein paar technische Spezifikationen im Vergleich
Natürlich kannst Du selbst lesen und die technischen Spezifikationen auf den veröffentlichten Seiten der Hersteller selbst herausfinden. Dennoch stelle ich Dir hier mal die aus meiner Sicht wichtigsten Eigenschaften und technischen Details gegenüber. So kannst Du die wichtigsten Parameter der beiden Gimbals miteinander vergleichen. Welcher der beste Gimbal für Dich persönlich ist, hängt natürlich zum größten Teil von Deinem speziellen Einsatzbereich und von Deinen persönlichen Vorlieben ab.
Beide Gimbals sind 2019 neu auf den Markt gekommen und haben – wie oben in der Tabelle zu sehen ist – zumindest auf den ersten Blick ähnliche Spezifikationen.
DJI Ronin-SC | Rollei GO! DSLM | |
Eigengewicht des Gimbals inkl. Batteriegriff und Tripod-Fuß | 1,1 kg | 896 g (ohne Akku) |
max. Traglast (Zuladung) | 2,0 kg | 1,8 kg |
max. Akku-Laufzeit | 11 Stunden | 12 Stunden |
max. Schwenk-, Roll- und Neigungswinkel | 360° | 360° |
Features | ActiveTrack 3.0, Force Mobile optionales Fokusrad | Inception Mode, Sport-Modus, Auto-Tuning-Funktion optionale Fernbedienung |
Preis (UVP des Herstellers) | 359 Euro bzw. 459 Euro als Pro Combo | 229 Euro |
Link zum Shop* | Link (DJI) Link (Amazon) | Link (Amazon) |
Alle weiteren Informationen zu den beiden Gimbals, alle Details zu besonderen Produktfeatures und weiterführende Links findest Du auf den Produktseiten von DJI und Rollei.
Technisches Datenblatt: Rollei GO! DSLM (PDF)
Der direkte Vergleich im Video
Das entscheidende Vergleichskriterium für einen Gimbal ist offensichtlich die Bildstabilisierung. Ja, ein Gimbal sollte auch gut in der Hand liegen, gut verarbeitet sein, coole Features mitbringen, die meine Arbeit erleichtern und, und, und … aber im Wesentlichen kaufe und benutze ich einen Gimbal, um ruckelfreie Videos zu erstellen. Ein Gimbal sollte DAS also in erster Linie können, das Bild stabilisieren! Und zwar in typischen Situationen, in denen ich beabsichtige ihn einzusetzen.
Im Sommer 2019 hatte ich die Möglichkeit beide Gimbals mit in den Urlaub nach Schweden zu nehmen und die Bildstabilisierung vor Ort ausgiebig zu testen.
Auf YouTube zeige ich einen direkten Video-Vergleich von Aufnahmen derselben Strecke, welche ich einmal mit dem DJI Ronin-SC und einmal mit dem Rollei GO! DSLM abgelaufen bin. Gefilmt habe ich jeweils mit der SONY Alpha R73 Kamera und dem Sony Vario-Tessar® T* FE 24–70 mm F4 Objektiv. Selbstverständlich jeweils mit den identischen Einstellungen. Zusätzlich habe ich als Vergleichsreferenz eine Aufnahme ohne Gimbal und eine mit einem Smartphone-Gimbal, dem DJI OSMO Mobile und einem iPhone 7 hinzugefügt.
Video auf meinem YouTube Kanal: MrSuncase
Video-Link: https://youtu.be/uie8ygvDBpY
Das Video zeigt eindrucksvoll wie sinnvoll der Einsatz eines Gimbals bei Aufnahmen aus der Bewegung heraus ist. Ohne Gimbal (unten links) wirkt sich jede Drehbewegung und jede Erschütterung, die hier beim Gehen / Laufen entsteht, direkt auf die Aufnahem aus. Das Video ist eigentlich unbrauchbar.
Die beiden DSLM-Gimbal (links oben die DJI Ronin-SC und rechts oben die Rollei GO! DSLM) filtern hingegen die Erschütterungen sowie die horizontalen Drehbewegungen gut bis sehr gut heraus. Durch die mechanische Bildstabilisierung wirkt die Aufnahme deutlich ruhiger und lässt sich angenehmer verfolgen. Gut zu erkennen ist allerdings auch, dass die Stabilisierung der vertikalen Bewegungen, welche beim Gehen, Laufen und Springen entstehen, von DJI besser gelöst wird, als von Rollei. Im Video mit dem Rollei-Gimbal erkennt man deutlich, das auf und ab der einzelnen Schritte.
Erstaunt hat mich die Leistung des DJI OSMO Mobile in Verbindung mit dem iPhone 7. Obwohl es sich hier um einen günstigen Smartphone-Gimbal handelt (das aktuelle Modell kostet knapp über 100 Euro), der – wie auch das iPhone 7 – schon etwas in die Jahre gekommen ist, kann sich das Ergebnis sehen lassen. In Sachen Bildstabilisierung kann der Drohnen-Hersteller DJI offensichtlich eine längere Erfahrung vorweisen. So verwundert es wohl auch nicht, dass andere Hersteller es schwer haben, diesen Vorsprung aufzuholen oder gar zu übertreffen.
Mein Fazit
Beide Gimbal machen einen guten Job hinsichtlich der Bildstabilisierung und sind für den „typischen Einsatzfall“ ohne Einschränkungen zu empfehlen. Der teurere DJI Ronin-SC hat jedoch im direkten Vergleich zur Konkurrenz aus dem Hause Rollei bei vielen Punkten die Nase vorn. Meine Empfehlung ist daher zweigeteilt:
Wenn Du einen günstigen und unkomplizierten Gimbal suchst, der schnell einsatzbereit ist, auch mal keine Fehler bei der Austarierung der Kamera verzeiht, dann würde ich Dir den Rollei GO! DSLM empfehlen.
Sind für Dich eine nahezu perfekte Bildstabilisierung, leistungsstarke App-Features wie ActiveTrack und ForceMobile oder die manuelle Fokussierung mit dem Fokusrad wichtig, dann lautet meine Empfehlung klar: DJI Ronin-SC.
Wichtig: Da der Ronin-SC für kompakte spiegellose Kameras entwickelt wurde, sind seine Abmessungen im Vergleich zu seinem großen Bruder aus dem Hause DJI, dem Ronin-S, insgesamt kleiner – das betrifft auch die max. Abmessungen der Kamera. Wenn Du auch DSLR-Kameras, größere Aufbauten (wie das Rode VideoMic) oder größere und schwerere Objektive einsetzen möchtest, hat der Rollei GO! DSLM „mehr Luft nach oben“. Wenn es dennoch ein DJI-Produkt sein soll, dann empfiehlt sich hier der Einsatz des Ronin-S.
Meine „Pros und Cons“ beim Rollei GO! DSLM
+ schnelle und einfache Kalibrierung
+ mit 896 g (ohne Akku) extrem leicht
+ entnehmbare Akkus für externes Aufladen
+ mehr Platz für größere Kamaras, dadurch kein „Anstoßen“ bei extremen Gimbal-Fahrten
+ optionaler Controller zur Fernbedienung des Gimbals
– Ausgleich von vertikalen Bewegungen beim Gehen verbesserungsfähig
– fehlende Möglichkeit zur Achsen-Arretierung für Transport
– schleifendes Gewinde an Verbindung zwischen Batteriegriff und Gimbal
– keine Option für Fokusrad
Meine „Pros und Cons“ beim DJI Ronin-SC
+ sehr guter Ausgleich von vertikalen Bewegungen beim Gehen / Laufen
+ transportsicherer Hartschalenkoffer serienmäßig
+ automatische Objektverfolgung mit ActiveTrack (App)
+ intuitive Gimbal-Steuerung mit Force Mobile (App)
+ einfache Belegung Auswahl Benutzer-Modi per App bzw. Kopfdruck
+ Laden des fest verbauten Akkus im Griff über USB-C von 0 auf 100 % in nur 2,5 Stunden
+ optionales Fokusrad
– etwas kompliziertes / aufwendigeres Kalibrieren
– vergleichsweise hoher Preis
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DJI Ronin-SC ohne und mit Fokusrad
Rollei GO! DSLM und der optionale Controller (Fernbedienung)
DJI OSMO Mobile 3 (aktuelles, faltbares Modell)
Sony A6400 und A7iii
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